Schwerbehinderten-vertretung und Inklusions-beauftragte: Unterschiedliche Rollen und Nutzen im Unternehmen

Illustration einer Schwerbehindertenvertretung und einer Inklusionsbeauftragten, die sich zur Zusammenarbeit die Hand geben.

Etwa 7,9 Millionen Menschen in Deutschland haben eine Schwerbehinderung, das sind rund 9,3 Prozent der Bevölkerung. Betriebe mit mindestens 20 Beschäftigten sind gesetzlich dazu verpflichtet, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit Menschen mit Behinderung zu besetzen. Um die Inklusion im Betrieb zu unterstützen und die Rechte schwerbehinderter Mitarbeiter zu wahren, gibt es zwei wichtige Institutionen: die Schwerbehindertenvertretung (SBV) und den Inklusionsbeauftragten des Arbeitgebers. Beide Rollen sind im Sozialgesetzbuch IX verankert und entfalten gemeinsam einen großen Nutzen, von der Verbesserung des Arbeitsklimas bis zur Rechtssicherheit für den Arbeitgeber. Doch was ist der Unterschied zwischen Schwerbehindertenvertretung und Inklusionsbeauftragtem? Im Folgenden werden beide Rollen, ihre Aufgaben, Rechte und die Zusammenarbeit im Unternehmen verständlich erläutert.

Unterschiede zwischen Schwerbehinderten-vertretung und Inklusionsbeauftragtem

Die Schwerbehindertenvertretung (SBV) und der/die Inklusionsbeauftragte nehmen unterschiedliche Positionen ein. Die SBV ist die von schwerbehinderten Beschäftigten gewählte Vertrauensperson und vertritt deren Interessen gegenüber dem Arbeitgeber, während der Inklusionsbeauftragte vom Arbeitgeber ernannt wird und auf dessen Seite die Verantwortung für Belange schwerbehinderter Menschen trägt. Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Unterschiede zusammen:

Aspekt

Schwerbehindertenvertretung (SBV)

Inklusionsbeauftragte/r

Hauptaufgabe

Interessenvertretung der schwerbehinderten bzw. gleichgestellten Beschäftigten im Betrieb (Ansprechpartner, Problemlöser, Wächter über Rechte)

Vertretung des Arbeitgebers in Angelegenheiten schwerbehinderter Mitarbeiter, Beratung des Unternehmens in Fragen der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung

Gesetzliche Verpflichtung

Ja. In jedem Betrieb mit mindestens 5 nicht nur vorübergehend (länger als 6 Monate) beschäftigten schwerbehinderten oder gleichgestellten Menschen muss eine SBV gewählt werden.

Ja. Sobald ein schwerbehinderter oder gleichgestellter Mitarbeiter beschäftigt ist, muss der Arbeitgeber mindestens einen Inklusionsbeauftragten bestellen (nach § 181 SGB IX).

Bestellung/Wahl

Wird alle 4 Jahre von den schwerbehinderten Beschäftigten demokratisch gewählt. Die gewählte Person wird auch „Vertrauensperson der Schwerbehinderten“ genannt. Es ist mindestens ein stellvertretendes Mitglied zu wählen, damit Vertretung z.B. bei Krankheit sichergestellt ist.

Wird vom Arbeitgeber ernannt. Meist übernimmt jemand aus der Personalabteilung oder dem Management diese Aufgabe. Idealerweise ist es eine Person mit Expertenwissen im Schwerbehindertenrecht oder sogar selbst schwerbehindert.

Anzahl der Personen

Mindestens eine Vertrauensperson plus eine Stellvertretung (bilden zusammen die SBV). In großen Unternehmen können darüber hinaus Gesamt- oder Konzern-SBV gewählt werden.

Mindestens eine Person pro Unternehmen. In der Praxis wird häufig für jeden größeren Betrieb bzw. Standort ein eigener Inklusionsbeauftragter benannt.

Freistellung von Arbeit

Bei Bedarf Freistellung für SBV-Tätigkeiten ohne Gehaltsminderung. Ab 100 schwerbehinderten Beschäftigten besteht Anspruch auf vollständige oder teilweise Freistellung von der beruflichen Tätigkeit (§ 179 Abs.4 SGB IX).

Keine Freistellung vorgesehen – die Aufgabe des Inklusionsbeauftragten wird zusätzlich zu den normalen Aufgaben wahrgenommen.

Behinderungsgrad der Person

Muss nicht selbst schwerbehindert sein (die Vertrauensperson kann, muss aber nicht selbst eine Behinderung haben). Wichtig sind Engagement und Vertrauen der Kollegen.

Muss nicht schwerbehindert sein. Fachkenntnisse im Thema Schwerbehindertenrecht sind jedoch wichtig; viele Arbeitgeber benennen z.B. HR-Manager mit entsprechender Qualifikation.

(Quelle: in Anlehnung an REHADAT-talentplus)

Die Schwerbehinderten-vertretung (SBV) – Wahl, Aufgaben und Rechte

Die SBV ist die Interessenvertretung der schwerbehinderten Mitarbeiter*innen in einem Betrieb oder einer Dienststelle. Sie wird von den schwerbehinderten und gleichgestellten Beschäftigten demokratisch gewählt. Laut § 177 SGB IX muss in jedem Betrieb mit mindestens fünf schwerbehinderten bzw. gleichgestellten Beschäftigten (die länger als 6 Monate dort angestellt sind) eine SBV gewählt werden. Die Amtszeit der SBV beträgt vier Jahre. Die gewählte Vertrauensperson der Schwerbehinderten muss selbst nicht zwingend behindert sein. Wichtig ist jedoch ihr Vertrauen innerhalb der Belegschaft und ihr Engagement für Inklusion. Um Kontinuität sicherzustellen, wird mindestens ein stellvertretendes Mitglied gewählt, das die Vertrauensperson im Verhinderungsfall vertritt.

Aufgaben der Schwerbehinderten-vertretung

Die SBV hat gemäß § 178 SGB IX den Auftrag, die Eingliederung schwerbehinderter Menschen im Betrieb zu fördern, ihre Interessen zu vertreten und ihnen beratend zur Seite zu stehen. Konkret ergeben sich daraus vielfältige Aufgaben. Die wichtigsten Aufgaben der SBV sind unter anderem:

  • Ansprechpartner für Kollegen
    Die SBV steht schwerbehinderten und gleichgestellten Beschäftigten mit Rat und Tat zur Seite. Sie nimmt Anregungen und Beschwerden dieser Kolleg*innen entgegen und hilft, Lösungen mit dem Arbeitgeber zu verhandeln. Beispielsweise unterstützt sie Mitarbeiter*innen auch beim Antrag auf Anerkennung einer Schwerbehinderung oder Gleichstellung.

  • Überwachung der Arbeitgeberpflichten
    Die SBV wacht darüber, dass die zugunsten schwerbehinderter Menschen geltenden Gesetze, Verordnungen, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen eingehalten werden. Sie kontrolliert insbesondere, ob der Arbeitgeber seine gesetzlichen Pflichten nach SGB IX erfüllt, beispielsweise bezüglich der Beschäftigungspflicht, Barrierefreiheit, Prävention und angemessener Arbeitsplatzgestaltung.

  • Förderung von Teilhabe & Inklusion
    Die SBV fördert die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben. Sie initiiert und beantragt Maßnahmen, die der barrierefreien und behinderungsgerechten Gestaltung von Arbeitsplätzen dienen, und sie wirkt bei betrieblichen Präventionsmaßnahmen mit. Oft arbeitet die SBV hierbei eng mit dem betrieblichen Integrationsteam (siehe unten) und dem Integrations- bzw. Inklusionsamt zusammen.

  • Beteiligung an Bewerbungsverfahren
    Geht eine Bewerbung von einem schwerbehinderten oder gleichgestellten Menschen ein, muss die SBV frühzeitig in den Bewerbungsprozess eingebunden werden. Die SBV achtet darauf, dass schwerbehinderte Bewerber eine faire Chance erhalten und dass der Arbeitgeber seiner Pflicht nachkommt, die SBV über eingehende Bewerbungen zu informieren.

  • Mitwirkung bei Kündigungen
    Beabsichtigt der Arbeitgeber, einem/einer schwerbehinderte*n oder gleichgestellte*n Mitarbeiter*in zu kündigen, ist die SBV unverzüglich anzuhören und in das Verfahren einzubeziehen. Ohne Anhörung der SBV ist eine Kündigung unwirksam. Zudem wird in solchen Fällen das Integrationsamt eingeschaltet (§ 168 SGB IX), das der Kündigung zustimmen muss, was einen wichtigen Schutzmechanismus für schwerbehinderte Arbeitnehmer*innen darstellt.

  • Inklusionsvereinbarung verhandeln
    Die SBV kann den Abschluss einer Inklusionsvereinbarung anregen, einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber, SBV und Betriebsrat, in der Ziele und Maßnahmen zur Förderung der Teilhabe definiert werden. Eine Inklusionsvereinbarung (früher „Integrationsvereinbarung“) hilft, klare Regelungen zur barrierefreien Arbeitsplatzgestaltung, Eingliederung und Förderung schwerbehinderter Mitarbeiter festzulegen.

Weitere Aufgaben sind die Mitwirkung beim Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) nach längerer Krankheit und die Öffentlichkeitsarbeit, z.B. Einberufung einer Schwerbehindertenversammlung einmal pro Jahr.

Rechte der SBV und Pflichten des Arbeitgebers (§§ 177-179 SGB IX)

Um diese Aufgaben wirksam erfüllen zu können, stehen der SBV umfangreiche Rechte zu, und der Arbeitgeber hat entsprechende Pflichten. Die Schwerbehindertenvertretung ist bei allen Angelegenheiten, die einzelne schwerbehinderte Beschäftigte oder die gesamte Gruppe der schwerbehinderten Mitarbeitenden betreffen, unverzüglich und umfassend zu informieren und vor jeder Entscheidung anzuhören. Dieses Anhörungs- und Informationsrecht ist in § 178 Abs.2 SGB IX festgeschrieben. Wird die SBV bei einer personellen Entscheidung versehentlich nicht beteiligt, kann sie verlangen, die Entscheidung auszusetzen, bis ihre Beteiligung nachgeholt wurde.

Die Vertrauensperson darf in Ausübung ihres Amtes nicht behindert oder benachteiligt werden. Das SBV-Amt ist ein Ehrenamt, das der Arbeitgeber unterstützen muss. Sie hat Anspruch auf notwendige Arbeitszeit und Freistellung, um ihre SBV-Aufgaben zu erfüllen, sowie auf Teilnahme an Schulungen (ohne Gehaltsverlust). In Betrieben mit mehr als 100 Schwerbehinderten ist auf Wunsch eine vollständige Freistellung von der Arbeitsleistung zu gewähren. Der Arbeitgeber muss zudem sämtliche Kosten übernehmen, die der SBV-Arbeit dienen (Büroausstattung, Literatur, Schulungen, etc.).

Die SBV genießt einen besonderen Kündigungsschutz. Genau wie ein Betriebsratsmitglied kann die Vertrauensperson weder ordentlich gekündigt noch versetzt werden, es sei denn, es liegt ein wichtiger Grund vor und das Integrationsamt stimmt zu. Dieser Schutz gilt während der Amtszeit und ein Jahr darüber hinaus (§ 179 Abs.3 SGB IX). Wenn die Vertrauensperson selbst schwerbehindert ist, greift zusätzlich der allgemeine Kündigungsschutz für Schwerbehinderte (§§ 168 ff. SGB IX). Diese rechtliche Absicherung stellt sicher, dass SBV-Mitglieder unabhängig agieren und sich für ihre Kollegen einsetzen können, ohne um ihren eigenen Arbeitsplatz fürchten zu müssen.

Schließlich hat die SBV Teilnahmerechte. Sie darf an allen Sitzungen des Betriebsrats und dessen Ausschüssen beratend teilnehmen, unabhängig davon, ob es um Belange behinderter Kollegen geht oder nicht. Der Betriebsrat muss die Vertrauensperson zu Sitzungen einladen und ihr auf Wunsch Gelegenheit geben, Themen auf die Tagesordnung zu setzen. Auch an regelmäßigen Besprechungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber (Monatsgespräche) nimmt die SBV teil. Diese enge Verzahnung mit dem Betriebsrat unterstreicht, dass Inklusion eine Gemeinschaftsaufgabe im Betrieb ist.

Der Inklusionsbeauftragte des Arbeitgebers – Aufgaben und Funktion im Unternehmen

Neben der SBV bestellt das Unternehmen selbst einen Inklusionsbeauftragten, auch „Beauftragter des Arbeitgebers für die Angelegenheiten schwerbehinderter Menschen“ genannt. Grundsätzlich kann jede geeignete Person, die der Arbeitgeber auswählt, Inklusionsbeauftragte*r werden. Oft sind es Mitarbeiter*innen aus der Personalabteilung oder Führungskräfte. Gesetzlich vorgeschrieben ist die Bestellung spätestens ab dem ersten schwerbehinderten Mitarbeitenden in der Belegschaft. Das heißt, unabhängig von der Betriebsgröße muss jeder Arbeitgeber, der Menschen mit Schwerbehinderung beschäftigt, jemanden benennen, der sich um die Erfüllung der Arbeitgeberpflichten im Schwerbehindertenrecht kümmert (nach § 181 SGB IX). Häufig kennen viele Betriebe diese Pflicht gar nicht, doch sie ist ausdrücklich im Gesetz verankert. Der Inklusionsbeauftragte vertritt sozusagen die „Arbeitgeber-Seite“ in Sachen Inklusion.

Als Vertreter des Unternehmens hat der Inklusionsbeauftragte vor allem eine koordinierende und beratende Funktion. Zu seinen wichtigsten Aufgaben zählen:

  • Beratung des Arbeitgebers
    Er berät die Unternehmensleitung in allen Fragen rund um die Beschäftigung von Menschen mit Schwerbehinderung. Das umfasst z.B. Barrierefreiheit, Arbeitsplatzanpassungen, Fördermöglichkeiten und die Erfüllung der Beschäftigungsquote. Er hilft dem Arbeitgeber, seine gesetzlichen Pflichten zu kennen und umzusetzen.

  • Ansprechpartner auf Arbeitgeberseite
    Der/Die Inklusionsbeauftragte ist Kontaktperson für schwerbehinderte Beschäftigte aus Sicht des Arbeitgebers. Schwerbehinderte Mitarbeiter*innen können sich an ihn/sie wenden, wenn sie Unterstützung oder Anpassungen am Arbeitsplatz benötigen. Ebenso ist er/sie Ansprechpartner*in für die SBV, den Betriebsrat sowie externe Stellen, etwa das Integrationsamt. Er fungiert somit als Schnittstelle zwischen Arbeitgeber und SBV.

  • Überwachung der Pflichterfüllung
    Er achtet auf die Einhaltung aller Verpflichtungen des Arbeitgebers gegenüber schwerbehinderten Menschen. Dazu gehört, dass der Arbeitgeber z.B. die vorgeschriebene Zahl an Schwerbehinderten beschäftigt oder Ausgleichsabgaben zahlt, barrierefreie Arbeitsbedingungen schafft und keine Benachteiligung stattfindet. Der/Die Inklusionsbeauftragte hilft, Pflichtverletzungen zu vermeiden und schützt das Unternehmen so vor rechtlichen Konsequenzen.

  • Vermitteln bei Konflikten
    Treten Konflikte auf, wie etwa wenn die Interessen eines schwerbehinderten Mitarbeiters mit betrieblichen Belangen kollidieren, soll der/die Inklusionsbeauftragte auf einen fairen Interessenausgleich hinwirken. Er moderiert im Idealfall zwischen der SBV, dem betroffenen Mitarbeitenden und der Führungskraft, um Lösungen zu finden, die für alle tragbar sind.

  • Vertretung des Unternehmens nach außen
    In Angelegenheiten, die Mitarbeiter*innen mit Schwerbehinderung betreffen, vertritt der/die Inklusionsbeauftragte die Arbeitgeberseite gegenüber externen Stellen. Er/sie arbeitet eng mit dem Integrationsamt (Inklusionsamt) und der Bundesagentur für Arbeit zusammen, beispielsweise wenn es um Anträge auf Fördermittel, Kündigungsschutzverfahren oder Beratung geht. Die Zusammenarbeit mit diesen Behörden stellt sicher, dass das Unternehmen Unterstützung erhält und alle Formalitäten korrekt ablaufen.

Anders als die SBV hat der/die Inklusionsbeauftragte keinen Sonderkündigungsschutz und übt seine Funktion zusätzlich zu seinen normalen Aufgaben aus. Gleichwohl ist es sinnvoll, ihm für seine Inklusions-Aufgaben genügend Zeit einzuräumen und gegebenenfalls Schulungen zu ermöglichen, damit er/sie dieser Rolle gerecht werden kann. Ein*e Inklusionsbeauftragte*r sollte sich gut im Schwerbehindertenrecht auskennen und Empathie für die Belange von Menschen mit Behinderung mitbringen. Übrigens empfiehlt es sich, dass der Arbeitgeber nach Möglichkeit einen schwerbehinderten Menschen selbst als Inklusionsbeauftragte*n einsetzt. Dies kann die Akzeptanz erhöhen und praktisches Erfahrungswissen einbringen.

Zusammenarbeit von SBV, Inklusionsbeauftragtem und Arbeitgeber

Eine erfolgreiche Inklusionsarbeit im Betrieb beruht auf enger Zusammenarbeit aller Beteiligten: SBV, Inklusionsbeauftragter, Betriebsrat und Arbeitgeber. Gesetzlich ist festgelegt, dass SBV und Arbeitgeber partnerschaftlich zusammenwirken sollen (§ 182 Abs.1 SGB IX). In der Praxis bedeutet das, dass der Arbeitgeber die SBV über alle relevanten Vorgänge (von Einstellungen über Umsetzungen bis zu Kündigungen) informiert und sie anhört, bevor Entscheidungen getroffen werden. Die SBV bringt ihr Fachwissen und die Perspektive der schwerbehinderten Beschäftigten ein; der Arbeitgeber bzw. Inklusionsbeauftragte*r sorgt dafür, dass betriebliche Abläufe und Bedürfnisse berücksichtigt werden. So findet man gemeinsam tragfähige Lösungen.

Wichtig ist auch die Verzahnung mit dem Betriebsrat. Häufig arbeiten SBV und Betriebsrat Hand in Hand, um Inklusion voranzubringen. Betriebs- und Personalräte sorgen gemeinsam mit der Schwerbehindertenvertretung für gute Arbeitsbedingungen schwerbehinderter Beschäftigter. In vielen Unternehmen hat sich ein Integrationsteam (Inklusionsteam) etabliert, in dem die SBV, der/die Inklusionsbeauftragte und der Betriebsrat regelmäßig zusammenkommen. Dieses Team berät über präventive Maßnahmen (z.B. zur Vermeidung von Arbeitsproblemen), begleitet das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) und erarbeitet bei Bedarf eine Inklusionsvereinbarung. Durch den Austausch im Integrationsteam wird sichergestellt, dass alle Perspektiven, wie die der Belegschaft, der schwerbehinderten Menschen und der Unternehmensleitung, berücksichtigt werden.

Auch externe Partner*innen unterstützen die Zusammenarbeit. Das Integrationsamt (auch Inklusionsamt genannt) steht mit Beratung und finanziellen Hilfen bereit. Der/Die Inklusionsbeauftragte hält Kontakt zum Integrationsamt und informiert die SBV über Fördermöglichkeiten, die für einzelne Mitarbeiter*innen oder das Unternehmen genutzt werden können. So können beispielsweise Zuschüsse für behindertengerechte Arbeitsplatzausstattung oder die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen beantragt werden. Die Bundesagentur für Arbeit und spezialisierte Fachdienste (Integrationsfachdienste) sind weitere Anlaufstellen, mit denen SBV und Inklusionsbeauftragte*r kooperieren, um Arbeitsplätze zu sichern und neue Beschäftigungschancen für Menschen mit Behinderung zu schaffen.

Nicht zuletzt sollte die Unternehmensführung regelmäßigen Austausch mit der SBV pflegen. Viele Arbeitgeber setzen auf monatliche oder vierteljährliche Jour fixe-Termine, in denen die SBV der Geschäftsleitung berichtet, aktuelle Herausforderungen besprochen werden und gemeinsam nach Verbesserungen gesucht wird. Diese offene Kommunikation fördert Vertrauen und verhindert, dass Probleme eskalieren. So entsteht ein Betriebsklima, in dem Inklusion gelebt wird.

Der Inklusionsbeauftragte: Aufgaben und Pflichten im Überblick

Nutzen für Arbeitgeber und Belegschaft

Eine engagierte Schwerbehindertenvertretung und ein kompetenter Inklusionsbeauftragter sind nicht nur gesetzliche Notwendigkeiten, sondern bieten auch klare Vorteile für das Unternehmen. Durch ihre Arbeit wird ein inklusives Arbeitsumfeld geschaffen, in dem kein Mitarbeiter wegen einer Behinderung zurückgelassen wird. Dies wirkt sich positiv auf das Betriebsklima aus: Wertschätzung und Unterstützung fördern die Motivation und Bindung der Mitarbeitenden. Untersuchungen zeigen, dass Vielfalt im Team neue Ideen fördert und das Unternehmensimage verbessert – gelebte Inklusion signalisiert sozialen Verantwortungssinn und macht einen Betrieb auch für Kunden und Bewerber attraktiver. Große Konzerne betonen nicht ohne Grund das Stichwort „Diversity“ in ihrer Unternehmenskultur, denn ein gutes Miteinander im Unternehmen zahlt sich aus.

Auch finanziell kann Inklusion lohnend sein. Arbeitgeber, die Menschen mit Schwerbehinderung einstellen, können fördernde Leistungen erhalten – von Lohnkostenzuschüssen (teils bis zu 75 % des Gehalts als „Budget für Arbeit“) über Zuschüsse zur Ausstattung bis hin zu Prämien für Ausbildungsplätze. Gleichzeitig entfällt oder reduziert sich die Ausgleichsabgabe, die Betriebe mit jahresdurchschnittlich über 20 Arbeitsplätzen zahlen müssen, wenn sie die vorgeschriebene Quote von 5 % Schwerbehinderten nicht erfüllen. Diese Abgabe wurde ab 2024 sogar deutlich erhöht, um säumige Arbeitgeber stärker in die Pflicht zu nehmen. Rechtzeitig für Inklusion zu sorgen und eine SBV einzurichten, gibt Unternehmen also rechtliche Sicherheit und spart Kosten. Zudem beugt man Konflikten und Diskriminierungsbeschwerden vor, indem Probleme früh erkannt und gemeinsam gelöst werden.

Nicht zuletzt profitieren auch die nicht-behinderten Kollegen von einem inklusiven Betriebsklima. Viele Maßnahmen – etwa Barrierefreiheit, flexible Arbeitszeiten oder ein betriebliches Gesundheitsmanagement – kommen allen Beschäftigten zugute. Eine Schwerbehindertenvertretung, die Missstände anpackt und Verbesserungen anregt, wirkt somit als Impulsgeber für eine humanere Arbeitswelt. Und ein Arbeitgeber, der seine Inklusionsbeauftragten und die SBV aktiv einbindet, zeigt Führungsverantwortung und Weitblick.

Fazit: Schwerbehindertenvertretung und Inklusionsbeauftragter sind zwei Seiten derselben Medaille. Sie haben unterschiedliche Rollen – hier die von den Betroffenen gewählte Vertrauensperson, dort der vom Arbeitgeber bestimmte Koordinator – aber ein gemeinsames Ziel: die Inklusion im Unternehmen voranzutreiben. Zusammen leisten sie einen unschätzbaren Beitrag dazu, dass Menschen mit Behinderung gleichberechtigte Chancen im Beruf erhalten und Unternehmen das Potenzial dieser Mitarbeiter voll ausschöpfen können.

Quellen:

  • Sozialgesetzbuch IX, §§ 151 ff., 177-182 (Rechtsgrundlagen für SBV und Inklusionsbeauftragte)
  • REHADAT-talentplus: “Betriebliche Interessenvertretungen – Unterschiede von SBV und Inklusionsbeauftragten”
  • ifb (Institut zur Fortbildung von Betriebsräten): Fachartikel Schwerbehindertenvertretung – Aufgaben, Rechte, Pflichten
  • Aktion Mensch / Handelsblatt Research Institute: Inklusionsbarometer Arbeit 2024 (Statistiken zur Beschäftigungsquote)
  • Statistisches Bundesamt (Destatis): Pressemitteilung 19.07.2024 – Schwerbehinderte Menschen
  • Aktion Mensch: “Warum sollte ich Menschen mit Behinderung beschäftigen? – Vorteile für Arbeitgeber”
  • Integrationsämter (BIH): Informationsbroschüren für Arbeitgeber und SBVen (z.B. “Die Schwerbehindertenvertretung”, 2022)

Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts 2024 (Änderung der Ausgleichsabgabe)

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