Beschäftigungspflicht & Ausgleichsabgabe: Was Unternehmen wissen müssen

In Kürze: Arbeitgeber in Deutschland, die mindestens 20 Mitarbeitende beschäftigen, sind gesetzlich verpflichtet, fünf Prozent ihrer Stellen mit schwerbehinderten Beschäftigten zu besetzen. Dieser Artikel erklärt, wie diese Schwerbehindertenquote von 5 % berechnet wird und welche Arbeitgeber von der Beschäftigungspflicht betroffen sind. Außerdem werden die gestaffelten Sätze der Ausgleichsabgabe (inklusive Erhöhung für 2025) verständlich dargestellt und häufige Fragen beantwortet – etwa „Wann muss ein Arbeitgeber eine Ausgleichsabgabe zahlen?“, „Wie hoch ist die Ausgleichsabgabe 2025?“, „Wie erfülle ich die Beschäftigungspflicht von 5 %?“ und „Kann man sich von der Quote ‘freikaufen’?“. Darüber hinaus gibt der Beitrag praxisnahe Tipps, wie Unternehmen die Quote erfüllen können – von Rekrutierungsstrategien bis zur Einschaltung von Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) – und räumt mit Missverständnissen auf („freikaufen“ vs. weiterhin Vermittlungsbemühungen). Konkrete Zahlen, Statistiken und Studienergebnisse untermauern die Inhalte, z.B. zur aktuellen Erfüllung der Quote in der Wirtschaft.
Beschäftigungspflicht ab 20 Mitarbeitern: Schwerbehinderten-quote 5%
In Deutschland sind private wie öffentliche Arbeitgeber, die mindestens 20 Arbeitsplätze vorhalten, gesetzlich dazu verpflichtet, mindestens fünf Prozent ihrer Stellen mit schwerbehinderten oder ihnen gleichgestellten Menschen zu besetzen. Man spricht hier von der Schwerbehindertenquote. Das heißt konkret: Ein Unternehmen mit z.B. 100 Arbeitsplätzen muss im Jahresdurchschnitt 5 Arbeitsplätze mit schwerbehinderten oder gleichgestellten Personen besetzen. Betriebe mit 20 bis 39 Arbeitsplätzen haben mindestens einen Pflichtarbeitsplatz für schwerbehinderte Menschen, bei 40 bis 59 Arbeitsplätzen sind es zwei Pflichtplätze usw.. Schwerbehinderte im Sinne des Gesetzes sind Personen mit einem anerkannten Grad der Behinderung (GdB) von 50 oder mehr. Gleichgestellte (Personen mit GdB 30 oder 40, die per Gleichstellungsantrag bei der Bundesagentur für Arbeit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt wurden) zählen ebenfalls zur Quote. Für kleinere Betriebe mit weniger als 20 Arbeitsplätzen gilt die Beschäftigungspflicht nicht – sie müssen keine schwerbehinderten Menschen beschäftigen und folglich keine Ausgleichsabgabe zahlen.
Wie wird die 5-%-Quote berechnet? Die erforderliche Anzahl schwerbehinderter Beschäftigter ergibt sich aus 5 % der durchschnittlichen Arbeitsplätze. Ist das Ergebnis keine ganze Zahl, wird in der Praxis abgerundet für die sogenannten Kleinbetriebe unter 60 Mitarbeitern (siehe oben: 20–39 => 1 Pflichtplatz, 40–59 => 2 Pflichtplätze). Ab 60 Arbeitsplätzen entspricht 5 % genau 3 oder mehr Personen, hier wird die Quote direkt als ganze Zahl angesetzt (z.B. 5 % von 100 = 5 Schwerbehinderte). Beispiel: Bei 50 Arbeitsplätzen wären 5 % davon 2,5 – gesetzlich sind aber nur 2 Pflichtarbeitsplätze vorgegeben (für 50 zählt das noch zur 40–59 Kategorie). Erst ab 60 Arbeitsplätzen sind es genau 3 Pflichtplätze (5 % von 60 = 3) usw. Wichtig ist: Entscheidend ist der jahresdurchschnittliche Beschäftigtenstand. Das heißt, auch bei schwankender Mitarbeiterzahl über das Jahr wird für die Quote eine Durchschnittszahl gebildet.
In der Praxis schaffen es viele Unternehmen jedoch nicht, die Quote vollständig zu erfüllen. Laut dem Inklusionsbarometer Arbeit 2024 erreichen nur etwas mehr als ein Drittel (etwa 38,5 %) der verpflichteten Arbeitgeber die Vorgabe von 5 % vollständig. Immerhin beschäftigen rund 74 % der betroffenen Unternehmen zumindest einen schwerbehinderten Menschen – doch ein gutes Viertel (ca. 25 %) lässt alle Pflichtarbeitsplätze unbesetzt. Diese Zahlen verdeutlichen, dass es noch viel Handlungsbedarf gibt. Um die Inklusion voranzubringen, werden Unternehmen, die ihrer Beschäftigungspflicht nicht im erforderlichen Umfang nachkommen, gesetzlich in die Pflicht genommen – entweder durch tatsächliche Einstellungen oder durch finanzielle Beiträge (Ausgleichsabgabe) zur Förderung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen.
Ausgleichsabgabe: Wann wird sie fällig und wofür wird sie verwendet?
Wann muss ein Arbeitgeber eine Ausgleichsabgabe zahlen? Sobald ein beschäftigungspflichtiger Arbeitgeber (also mit mindestens 20 Arbeitsplätzen) die 5-%-Quote nicht erfüllt, muss er für jeden unbesetzten Pflichtplatz eine Ausgleichsabgabe entrichten. Diese Abgabe wird jährlich berechnet und erhoben – maßgeblich ist die durchschnittliche Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen im Kalenderjahr. Bis spätestens 31. März des Folgejahres muss der Arbeitgeber der zuständigen Agentur für Arbeit melden, wie viele Arbeitsplätze er hatte und wie viele schwerbehinderte Menschen (inkl. Gleichgestellte) beschäftigt waren. Anhand dieser Anzeige wird die Quote berechnet und eine ggf. fällige Ausgleichsabgabe an das Integrations- bzw. Inklusionsamt überwiesen. Es gibt keine Ausnahme von der Zahlungspflicht, wenn die Quote nicht erreicht wird – das Gesetz unterscheidet nicht nach Gründen oder Verschulden des Arbeitgebers. Selbst wenn z.B. keine passenden Bewerbungen von Menschen mit Behinderung eingingen, entbindet das nicht von der Abgabe. Folglich besteht keine Möglichkeit, die Ausgleichsabgabe erlassen oder ermäßigt zu bekommen, unabhängig vom Grund der Nichterfüllung. Arbeitgeber können sich insbesondere nicht darauf berufen, die Bundesagentur für Arbeit habe keine geeigneten Kandidaten vermittelt – ein solcher Umstand schützt also nicht vor der Zahlungsverpflichtung.
Die Höhe der Ausgleichsabgabe richtet sich nach dem Ausmaß der Nichterfüllung, also gestaffelt nach Erfüllungsquote. Je weniger Menschen mit Schwerbehinderung beschäftigt sind, desto höher ist der Betrag pro unbesetztem Pflichtarbeitsplatz. Wichtig: Die Zahlung der Abgabe gilt nicht als Alternative oder gar „Freikauf“ von der Pflicht – ausdrücklich hebt § 160 Abs. 1 S. 2 SGB IX hervor, dass die Abgabe kein Ersatz für tatsächliche Beschäftigung ist. Mit anderen Worten: Auch wenn ein Unternehmen die Abgabe zahlt, bleibt die Verpflichtung bestehen, weiterhin aktiv zu versuchen, geeignete schwerbehinderte Arbeitnehmer zu finden und einzustellen. (Mehr zum Mythos „freikaufen“ siehe weiter unten.)
Wofür wird die Ausgleichsabgabe verwendet? Das Geld fließt nicht in den allgemeinen Staatshaushalt, sondern kommt zweckgebunden inklusiven Projekten und Unterstützungsleistungen zugute. Die Mittel werden von den Integrations- bzw. Inklusionsämtern verwaltet und dienen dazu, die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben zu fördern. Konkret finanziert der Ausgleichsfonds daraus z.B. Hilfen für die Beschäftigung Schwerbehinderter im Betrieb, Zuschüsse an Arbeitgeber (etwa für barrierefreie Arbeitsplatzgestaltung, technische Arbeitshilfen oder Lohnkostenzuschüsse) und die Arbeit der Integrationsfachdienste. Auch überregionale Vorhaben und Programme zur Förderung inklusiver Arbeitsmarktprojekte werden aus der Ausgleichsabgabe bezuschusst. Mit anderen Worten: Arbeitgeber, die keine oder zu wenige Menschen mit Behinderung beschäftigen, leisten durch die Abgabe einen finanziellen Beitrag, der wiederum denjenigen Unternehmen zugutekommt, die schwerbehinderte Mitarbeiter beschäftigen und eventuell höhere Aufwendungen haben (z.B. für behindertengerechte Ausstattung, zusätzlichen Urlaub etc.). Die Ausgleichsabgabe hat somit sowohl eine Lenkungsfunktion (Anreiz zur Einstellung) als auch eine Ausgleichsfunktion: Sie soll fairerweise den Mehraufwand der inklusiven Arbeitgeber mitfinanzieren.
Tipp: Wer sich einen kompakten Überblick wünscht, findet online leicht verständliche Erklärungen. Zum Beispiel bietet REHADAT zwei kurze:
Höhe der Ausgleichsabgabe 2025: Staffelbeträge im Überblick
Wie hoch ist die Ausgleichsabgabe 2025? Die genaue Höhe hängt – wie erwähnt – davon ab, in welchem Maße ein Arbeitgeber seine Quote erfüllt hat. Seit Einführung des Gesetzes zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts wurden die Beträge zum Jahresanfang 2024 deutlich erhöht und eine vierte Staffel (für 0 % Erfüllung) ergänzt. Zum 1. Januar 2025 steigen die Sätze nochmals leicht an. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Staffelbeträge je unbesetztem Pflichtarbeitsplatz (pro Monat):
Erfüllungsquote erreicht
3 % bis unter 5 % der Quote erfüllt
2 % bis unter 3 % erfüllt
Über 0 % bis unter 2 % erfüllt
0 % (keine Schwerbehinderter)
Ausgleichsabgabe je Monat (bis Ende 2024)
140 €
245 €
360 €
720 €
Ausgleichsabgabe je Monat (ab 2025)
155 €
275 €
405 €
815 €
(Quelle: § 160 Abs. 2 SGB IX; erste Fälligkeit der neuen Beträge jeweils zum 31. März des Folgejahres)
Wie man sieht, reicht die Ausgleichsabgabe 2025 von 155 € bis 815 € pro Monat für jeden unbesetzten Pflichtplatz, je nach Quote. Maximal werden also ab 2025 pro fehlendem Schwerbehinderten 815 € monatlich fällig – diese höchste Stufe trifft Betriebe (ab 60 Arbeitsplätzen), die keine einzige schwerbehinderte Person beschäftigen. Damit liegt der Höchstbetrag noch einmal höher als 2024 (damals 720 € pro Monat) und entspricht einer nahezu verdoppelten Abgabe im Vergleich zu früheren Sätzen. Durch diese Verschärfung sollen Unternehmen stärker motiviert werden, anstelle der Zahlung lieber Einstellungen vorzunehmen.
Für mittelgroße Betriebe mit weniger als 60 Arbeitsplätzen gelten etwas geringere absolute Beträge, da sie ja auch weniger Pflichtplätze haben. So musste ein Unternehmen mit 20–39 Beschäftigten bislang maximal 210 € (ab 2025: 235 €) monatlich zahlen, wenn es keinen Schwerbehinderten eingestellt hatte. Bei 40–59 Beschäftigten lag der Höchstsatz bei 410 € (ab 2025: 465 €) pro Monat. Diese Sonderregeln (auch “Kleinbetriebsregelung” genannt) stellen sicher, dass kleine und mittlere Firmen nicht überproportional belastet werden. Allerdings ändert dies nichts am Grundprinzip: auch ein Betrieb mit z.B. 30 Mitarbeitern muss mindestens einen Schwerbehinderten beschäftigen – tut er das nicht, fällt die Abgabe an (in entsprechender Höhe). Für alle Unternehmen ab 60 Beschäftigten gelten die oben in der Tabelle gezeigten Standardstaffeln (5 % Quote entsprechend z.B. 3 von 60, 5 von 100 usw.).
Beispiel: Ein Unternehmen mit 100 Arbeitsplätzen müsste 5 Schwerbehinderte beschäftigen. Hat es tatsächlich nur 2 Schwerbehinderte angestellt (also 2 % von 100, was in die Stufe “2 % bis unter 3 %” fällt), dann sind 3 unbesetzte Pflichtplätze zu melden. Pro unbesetztem Platz wären 275 € monatlich fällig (Wert ab 2025 für die Quote unter 3 %). Auf das Jahr gerechnet wären das 3 × 275 € × 12 Monate = 9.900 € Ausgleichsabgabe für dieses Jahr. – Wäre in diesem Beispiel gar niemand mit Schwerbehinderung beschäftigt (0 %), läge die Abgabe sogar bei 3 × 815 € × 12 = 29.340 € im Jahr trotz gleicher Betriebsgröße. Man erkennt: Es lohnt sich finanziell durchaus, zumindest einen Teil der Quote zu erfüllen (hier spart das Unternehmen fast 20.000 €, indem es 2 Schwerbehinderte beschäftigt hat). Noch besser wäre natürlich, die Quote komplett zu erfüllen und gar nichts zahlen zu müssen.
Hinweis: Die Ausgleichsabgabe wird jährlich selbstständig berechnet und angezeigt. Unternehmen nutzen dafür in der Regel das Software-Tool IW-Elan, um ihre Pflichtzahlen an die Arbeitsagentur zu melden. Die Zahlung der Abgabe muss unaufgefordert bis 31. März beim zuständigen Inklusionsamt eingehen. Bei verspäteter Zahlung wird ein Säumniszuschlag fällig (1 % des Betrags pro angefangenen Monat Verzug). Es ist daher ratsam, die Fristen genau einzuhalten.
So erfüllen Unternehmen die 5-%-Quote: Praktische Tipps für Arbeitgeber
Wie erfülle ich die Beschäftigungspflicht von 5 %? Für Unternehmen, die Schwierigkeiten haben, geeignete Mitarbeiter*innen mit Behinderung zu finden oder die Quote generell zu erfüllen, gibt es verschiedene Strategien und Unterstützungsangebote. Hier einige praxisnahe Tipps:
- Aktive Rekrutierung und Stellenausschreibungen: Machen Sie in Stellenausschreibungen deutlich, dass Bewerbungen von Menschen mit Behinderung ausdrücklich willkommen sind. Achten Sie auf barrierefreie Formulierungen und Zugänge (z.B. Online-Bewerbungen barrierearm gestalten). Nutzen Sie spezielle Jobbörsen oder Karrieremessen für Menschen mit Behinderung und arbeiten Sie mit der Agentur für Arbeit zusammen, die geeignete Bewerber vorschlagen kann. Viele Arbeitsagenturen haben einen Inklusionsbeauftragten oder spezielle Vermittler für schwerbehinderte Arbeitssuchende. Diese können helfen, passende Kandidaten zu finden.
- Einbindung externer Beratungsstellen (EAA): Seit kurzem gibt es flächendeckend Einheitliche Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA), die Unternehmen rund um Ausbildung, Einstellung und Beschäftigung von (schwer)behinderten Menschen beraten und begleiten. Die EAA fungieren als Lotsen, kennen sich im Förderdschungel aus und vermitteln Ihnen schnell die richtigen Kontakte und Unterstützungsangebote. Gerade kleinen und mittleren Unternehmen, die noch wenig Berührung mit dem Thema Inklusion hatten, können die EAA helfen, Vorurteile abzubauen und praktische Hilfen zu nutzen. Scheuen Sie sich also nicht, die Beratungsangebote Ihres regionalen Integrationsamts oder der EAA in Anspruch zu nehmen – sie sind in der Regel kostenlos für Arbeitgeber.
- Fördermöglichkeiten ausschöpfen: Eine Einstellung von Menschen mit Behinderung wird von staatlicher Seite finanziell gefördert. Es gibt z.B. Eingliederungszuschüsse (Lohnkostenzuschüsse) der Arbeitsagentur für die Einarbeitungszeit, Zuschüsse für Arbeitsplatzumbauten, technische Hilfsmittel, Arbeitsassistenz oder Ausbildungszuschüsse. Durch das neue Gesetz wurden einige dieser Förderinstrumente noch attraktiver gestaltet – so wurde z.B. die bisherige Deckelung des Lohnkostenzuschusses aufgehoben, um auch bei höherem Mindestlohn ausreichende Unterstützung bieten zu können. Informieren Sie sich bei Ihrem Integrationsamt oder der Agentur für Arbeit über alle Förderprogramme. Oft können solche Hilfen eventuelle Leistungseinschränkungen ausgleichen, sodass einer Ihrer Mitarbeiterinnen mit Behinderung genauso produktiv arbeiten kann wie andere.
- Internes Potential nutzen: Prüfen Sie, ob es in Ihrer bestehenden Belegschaft Mitarbeiter*innen mit Handicap gibt, die ggf. (noch) nicht als schwerbehindert anerkannt sind. Mitunter zögern Beschäftigte, ihre Behinderung offenzulegen. Schaffen Sie daher ein vertrauensvolles Umfeld, in dem Betroffene Unterstützungsbedarf signalisieren können. Wenn eine Mitarbeiterin einen GdB von 30 oder 40 hat, kann ein Gleichstellungsantrag gestellt werden, um diese Person rechtlich einem Schwerbehinderten gleichzustellen. Damit zählt sie für die Quote voll mit und genießt auch Kündigungsschutz wie Schwerbehinderte. Für das Unternehmen kann dies helfen, einen offenen Pflichtplatz formal zu besetzen, während derdie Beschäftigte von erhöhtem Schutz und ggf. Nachteilsausgleichen profitiert. Wichtig: Die Gleichstellung beantragt der/die Arbeitnehmerin selbst bei der Agentur für Arbeit, und sie wird bewilligt, wenn dies zur Erlangung oder Sicherung des Arbeitsplatzes nötig ist. Sprechen Sie betroffene Mitarbeiter*innen also sensibel auf diese Möglichkeit an, falls passend.
- Ausbildung und Praktika: Ziehen Sie in Betracht, Ausbildungsplätze gezielt mit schwerbehinderten jungen Menschen zu besetzen. Für Auszubildende mit Behinderung gibt es beispielsweise die Möglichkeit der doppelten Anrechnung auf die Quote (jeder schwerbehinderte Azubi zählt zwei Stellen) für die Dauer der Ausbildung. Auch Praktika oder Trainee-Programme können ein Weg sein, Menschen mit Behinderung ins Unternehmen zu holen und sie ggf. langfristig zu übernehmen. Nutzen Sie dabei die Unterstützung von Bildungsträgern oder Projekten, die sich auf inklusive Ausbildung spezialisieren.
- Partner und Netzwerke nutzen: Arbeiten Sie mit Inklusionsbetrieben oder Werkstätten für behinderte Menschen zusammen. Zwar ersetzt das nicht die eigene Beschäftigung schwerbehinderter Mitarbeitender, aber es zeigt Engagement und bietet eventuell Übergangsmöglichkeiten. Wussten Sie zum Beispiel, dass man 50 % des Rechnungsbetrags für Aufträge, die an anerkannte Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM) vergeben werden (Anteil Arbeitsleistung), auf die eigene Ausgleichsabgabe anrechnen lassen kann?. Wenn Sie also z.B. bestimmte Fertigungs- oder Dienstleistungsaufträge an WfbMs vergeben, reduzieren Sie Ihre eigene Abgabeschuld und fördern zugleich die Beschäftigung in diesen Einrichtungen. Das ersetzt zwar nicht die Beschäftigungspflicht (und verringert auch nicht die Anzahl unbesetzter Pflichtplätze), kann aber zumindest die finanzielle Belastung senken, falls Sie die Quote im Moment nicht erfüllen können.
- Inklusive Unternehmenskultur: Langfristig erfüllt man die Quote am besten, indem man das Unternehmen insgesamt inklusiver gestaltet. Schulen Sie Führungskräfte und Belegschaft im Umgang mit Diversität und Behinderung, damit Vorbehalte abgebaut werden. Sorgen Sie für einen barrierefreien Arbeitsplatz (baulich, technisch, kommunikativ), damit Mitarbeiter mit Handicap ihr Potenzial ausschöpfen können. Eine offene, vorurteilsfreie Kultur spricht sich herum – und erhöht die Chance, dass sich mehr qualifizierte Menschen mit Behinderung bei Ihnen bewerben. Viele Betriebe, die Inklusion leben, berichten von positiven Effekten auf Betriebsklima und sogar Geschäftserfolg. Beispiel: Die Aktion Mensch zeichnete 2024 einige Firmen mit dem Inklusionspreis aus; darunter REWE-Filialen, die gezielt Menschen mit Behinderung einstellen und davon auch in Zeiten des Fachkräftemangels profitieren.
Kann man sich von der Quote „freikaufen“?
Ein verbreiteter Irrglaube lautet: „Dann zahlen wir eben die Ausgleichsabgabe und kaufen uns frei – damit ist unsere Pflicht erledigt.“ Doch so einfach ist es nicht. Zwar erfüllen Unternehmen ihre gesetzliche Verpflichtung formal, wenn sie entweder 5 % Schwerbehinderte beschäftigen oder für fehlende Plätze die Abgabe entrichten. Aber das Gesetz betrachtet die Zahlung klar als nachrangigen Ausgleich, nicht als Freikauf von der eigentlichen Pflicht. Paragraph 160 SGB IX stellt unmissverständlich fest, dass die Zahlung kein Ersatz für die Beschäftigung ist. Arbeitgeber sollen primär einstellen und nur sekundär zahlen, wenn sie die Quote nicht erreichen.
Es gibt daher auch keine zeitliche Befreiung oder Ähnliches, wenn man zahlt – die Pflicht besteht jedes Jahr aufs Neue. Integrationsämter und Arbeitsagenturen werden weiterhin versuchen, geeignete Bewerber*innen mit Behinderung an Unternehmen heranzuführen, selbst wenn diese seit Jahren die Abgabe zahlen. Übrigens wurde früher theoretisch ein Bußgeld von bis zu 10.000 € für komplett säumige Arbeitgeber diskutiert, doch mit der Gesetzesnovelle 2024 hat man stattdessen die Abgabe selbst erhöht und auf solche zusätzlichen Strafen verzichtet. Das zeigt: Der Fokus liegt darauf, die Beschäftigung zu steigern, nicht darauf, Unternehmen einfach „freizukaufen“. Fazit: Die Ausgleichsabgabe ist kein Freikauf. Unternehmen sollten weiterhin alles daran setzen, geeignete schwerbehinderte Mitarbeiter zu finden, anstatt sich auf dauerhafte Zahlungen zu verlassen. Langfristig ist es nicht nur günstiger, sondern bringt auch wertvolle Fachkräfte ins Team und stärkt die inklusive Firmenkultur.